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"Nicht nur für eine Prüfung in drei oder vier Jahren dokumentieren, sondern einen persönlichen Wissensspeicher erstellen."

Gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie dem Europäischen Sozialfonds (ESF) ist im Projekt BLok ein Online-Berichtsheft entstanden, das allen Akteuren der dualen Ausbildung zugänglich ist und die klassische Papierform nicht nur digitalisiert, sondern funktional erweitert hat.

Bundesweit nutzen mehr als 5000 Ausbildungsbetriebe das Online-Berichtsheft BLok. Entwickelt wurde das Tool, das über 300 Ausbildungsberufe abbildet, im Rahmen des BMBF-Förderprogramms "Digitale Medien in der beruflichen Bildung" - durch die Technische Universität Dresden, die Bildungsportal Sachsen GmbH (BPS GmbH) sowie die Handwerkskammer Dresden und die Industrie- und Handelskammer Dresden. Im Gespräch mit qualifizierungdigital.de geht Andreas Ueberschaer von der BPS GmbH auf den Hintergrund des Projekts ein, erläutert die Funktionen von BLok und skizziert, welchen Anforderungen das Online-Berichtsheft gerecht werden muss.

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qualifizierungdigital.de: Von 2009 bis 2012 ist die Entwicklung eines Online-Berichtshefts im Projekt BLok vom BMBF gefördert worden. Wie ist es damals zu dem Vorhaben gekommen?

Ueberschaer: Für die Entwicklung des Online-Berichtsheftes war vor allem eine Auftragsstudie des BMBF zur Qualitätsentwicklung und -sicherung in der betrieblichen Berufsausbildung entscheidend. Diese gab Aufschluss darüber, dass das papierbasierte Berichtsheft vor allem zur Rechtfertigung und zum Nachweis absolvierter Tätigkeiten in der Berufsausbildung eingesetzt wird und die Reflexion des Handelns und die Vernetzung der Lernorte kaum unterstützt.

Vor diesem Hintergrund wurde das Forschungs- und Entwicklungsprojekt "BLok – Online-Berichtsheft zur Stärkung der Lernortkooperation" initiiert. Im Zentrum des Projektes stand die Weiterentwicklung des papierbasierten Ausbildungsnachweises mit Hilfe von sogenannten Web 2.0-Technologien. Primär wurde mit dieser Weiterentwicklung das Ziel verfolgt, die Lernortkooperation zwischen Betrieben und Schulen durch eine einheitliche und gemeinsame Informationsbasis aller an der Berufsausbildung beteiligten Akteure zu verbessern. Darüber hinaus sollte durch die funktionale Erweiterung des herkömmlichen Berichtsheftes um ein Entwicklungsportfolio mehr Transparenz hinsichtlich der beruflichen Handlungsfähigkeit der Auszubildenden im Ausbildungsverlauf erzeugt werden.

Wie ging es nach Ablauf des Förderzeitraums weiter?

Nach erfolgreichem Projektabschluss wurde das von der BPS GmbH softwareseitig entwickelte System ins Produktportfolio übernommen und auf eigene Kosten mit den notwendigen Rahmenbedingungen und Leistungen eines SaaS-Angebotes ("Software as a Service") weiterbetrieben. Insoweit weist BLok mittlerweile über sieben Jahre Praxiserfahrung auf und ist in dieser Zeit durch den Austausch mit Ausbildungsunternehmen und institutionellen Akteuren wie Kammern und Verbänden stetig weiterentwickelt worden.

Neben der Softwarepflege und Wartungsarbeiten sind dabei bestehende Funktionsbereiche wie die Unternehmensanmeldung oder die Anwenderunterstützung optimiert worden. Auch neue Funktionsbereiche sind - durch die steigenden Anforderungen der Nutzerinnen und Nutzer - hinzugekommen. So gibt es mittlerweile neben dem "Basis-BLok", welches das umfangreiche Entwicklungsportfolio enthält, auch ein ergänzendes "Checklisten-Modul" und ein "Planungsmodul".

Darstellung funktionaler Bereiche des Online-Berichtshefts BLok
Funktionale Bereiche und inhaltliche Verbindungen im Online-Berichtsheft BLok – gelbe Bereiche stellen Zusatzmodule dar (Quelle: BPS GmbH, Stand 05/2020)

Abgesehen von gut lesbaren Texten und dem Verschwinden von Eselsohren: Welche Vorteile bietet das Führen eines digitalen Berichtshefts in der Ausbildung?

BLok kann auf verschiedenen Ebenen Vorteile in der Ausbildung entfalten. Grundlegend bietet BLok den Vorteil, dass der papierbasierte Prozess vollständig digital abgebildet wird und eine lernortübergreifende Informationsbasis zum Ausbildungsstand entsteht. Dabei ist es nicht zwingend notwendig, dass alle Akteure im Boot sind.

Weitere Vorteile des digitalen Berichtsheftes BLok bestehen in einem schnelleren Feedback zu den Leistungen des Auszubildenden - durch Abnahmeprozesse und eine Kommentarfunktion - sowie in der Transparenz bezüglich der Schwerpunkte des eigenen Berufs - durch hinterlegte Rahmenpläne und einer Darstellung des Entwicklungsstands. Diese Funktionen können sich maßgeblich auf die Motivation in der Ausbildung auswirken.

Ein webbasiertes Berichtsheft wie BLok bietet ebenfalls die Chance, Medienbildungsthemen – etwa den Umgang mit Passwörtern und Webseiten - im Ausbildungskontext anwendungsbezogen zu vermitteln. Daneben wird mit dem Portfolioansatz von BLok die Nachnutzbarkeit der durch den Auszubildenden erstellten Ausbildungsdokumentation verbessert. Durch das Sammeln von ergänzenden Dokumenten wird eine vernetzte Informationsbasis geschaffen, die dann vom Auszubildenden - aber auch vom Ausbildenden - über die verschiedenen Inhaltsebenen wieder recherchiert werden kann. Dies ermöglicht, unter anderem im Rahmen der Prüfungsvorbereitung, in den spezifischen Themenfeldern des Berufes zu schauen, welche konkreten Fähigkeiten und Fertigkeiten in welcher Woche dokumentiert und vermittelt wurden. Insoweit versucht BLok, die Perspektive der Berichtsheft-Dokumentation zu verschieben, damit Auszubildende etwas nicht nur für eine Prüfung in drei oder vier Jahren dokumentieren, sondern eine sinnvolle Ergebnisdokumentation, eventuell sogar einen persönlichen Wissensspeicher erstellen.

Gibt es Vorbehalte gegenüber digitalen Berichtsheften, denen Sie häufig begegnen?

Wir haben vorrangig Kontakt zu digital zugewandten Akteuren der beruflichen Bildung, die sich eher ohne Vorbehalte dem Thema widmen. Auf verschiedenen Veranstaltungen begegnen wir aber trotzdem Vorbehalten gegenüber digitalen Berichtsheften, die meines Erachtens eher mit den fehlenden technischen Möglichkeiten vor Ort oder auch der persönlichen Distanz zu digitalen Medien in Verbindung stehen.

Sehr selten werden Vorbehalte hinsichtlich der fehlenden handschriftlichen Aktivitäten bei einem digitalen Berichtsheft ins Feld geführt. Mit dem Entwicklungsportfolio bietet BLok aber auch hier die Möglichkeit, handschriftliche Dokumente als digitale Kopie abzulegen. Damit kann man die nachvollziehbare Notwendigkeit der Erstellung von analogen Medien mit Medienbildungsthemen – beispielsweise der Digitalisierung von Dokumenten und der Optimierung von Dateigrößen – verbinden, ohne auf die Vorteile der digitalen Ausbildungsdokumentation zu verzichten.

Andreas Ueberschaer im Rahmen der Roadshow 2019 in Mainz
Andreas Ueberschaer stellt BLok regelmäßig auch im Rahmen der BMBF-Roadshow "Digitale Medien im Ausbildungsalltag" vor. Foto: Andreas Hultsch © BIBB

Können auch Skizzen und Zeichnungen in das BLok-Berichtsheft integriert werden?

Über die Dokumentenablage können beliebige Dokumente und Bilddateien - also auch digitalisierte Skizzen und technische Zeichnungen - gesammelt und mit einer Berichtsheftwoche verbunden werden. Seit Kurzem können auch Bilddateien in die prüfungsrelevante Dokumentation eingebunden werden, wodurch Skizzen und technische Zeichnungen in dem als PDF-Datei ausgegebenem Berichtsheft, das zur Zulassungsüberprüfung übergeben werden kann, als Anlage erscheinen.

Wie unterschreiben Auszubildende bei BLok ihr Berichtsheft?

Im Freigabe- und Kontrollprozess setzen wir systemseitig auf sogenannte "einfache elektronische Signaturen" (Nutzer- und Zeitstempel), die nach jeder prozessrelevanten Aktion – Freigabe, Abnahme, Ablehnung - eines beteiligten Nutzers an der Woche sichtbar und dauerhaft dokumentiert werden. Nach der erfolgreichen "Abnahme" gilt eine Woche systemseitig als "unterschrieben" und wird so auch in den PDF-Berichtsheften sowie auf einer begleitenden Übersichtsseite kenntlich gemacht. Für Auszubildende und Ausbildende bedeutet dies, dass in BLok ein Klick nötig ist, um eine Woche zu "unterschreiben" beziehungsweise abzulehnen oder abzunehmen.

Grafische Darstellung des Freigabe- und Kontrollprozesses in BLok
Freigabe- und Kontrollprozess mit einfacher elektronischer Signatur im Online-Berichtsheft BLok (Quelle: BPS GmbH, Stand 05/2020)

In welche Richtungen wird BLok aktuell weiterentwickelt?

Eine mobiloptimierte Version von BLok wurde für Auszubildende - mit eingeschränkten Funktionen - bereits zum fünften Geburtstag von BLok bereitgestellt. Auszubildende werden also automatisch nach dem Login über ein mobiles Endgerät auf der Webseite gefragt, ob sie auf die mobile Seite wechseln wollen. Wir versuchen seitdem diese mobiloptimierte Ansicht mit den bestehenden Funktionen von BLok zu erweitern. Grundlegend kann BLok als Webapplikation mit jedem Endgerät vollständig genutzt werden, es braucht nur einen aktuellen Browser und Internetzugang. Dies Plattformunabhängigkeit wollen wir auch in Zukunft beibehalten.

Neben konkreten Anforderungen und Wünschen der Nutzerinnen und Nutzer steht vor allem die weitere Vernetzung von bestehenden und neuen Inhaltsbereichen auf der Agenda. So ist eine Weiterentwicklungsperspektive, die in BLok noch relativ neue Ausbildungsplanung weiter aufzuwerten und neben der Planung der zeitlichen Ebene auch die sachliche Ebene zu nutzen. Dies soll einerseits die Verantwortlichen bei der Planung der Ausbildung unterstützen, da ein direkter Abgleich mit den vorgegebenen zeitlichen und sachlichen Gliederungen bei der Planung des Ausbildungsverlaufes möglich werden würde und andererseits den Lernbegleitungsprozess unterstützen, indem in den zugehörigen Wochen bereits die Themenfelder für eine Zuordnung zu den Berichtshefteinträgen vorgeschlagen werden könnten.

Gibt es für BLok weitere Möglichkeiten, sich zu verbessern?

Eine weitere Entwicklungsperspektive betrifft das Thema Schnittstellen zu Lernmanagementsystemen und die sinnvolle Verbindung des bestehenden Entwicklungsstandes, der zwar eine quantitative Aussage über die Bearbeitung von berufsspezifischen Themenfeldern ermöglicht, aber keine qualitative Einschätzung zur fachlichen Qualifikation des Auszubildenden. Grundsätzlich sehen wir hier natürlich immer noch die Ausbildenden als entscheidende Akteure, in BLok soll aber der Raum geboten werden, diese Einschätzungsprozesse zu unterstützen - etwa durch Beurteilungsoptionen oder auch Test- und Selbsttestangebote.

Grundlegend stehen natürlich noch viele andere große und kleinere Themen auf der Wunschliste. Hier heißt es dann, mit endlichen Ressourcen eine Abwägung zu treffen, welche Themen zuerst und in welchem Umfang abgebildet werden. Es bleibt aber weiterhin - auch mit Blick auf die Weiterentwicklung des Systems - ein sehr spannendes Feld, da die Themen Dokumentation von fachlicher Qualifikation und Qualitätssicherung in der dualen Ausbildung weiterhin - aus verschiedenen Perspektiven - sehr relevant sind und bleiben werden und hier digitale Lösungen einen positiven Beitrag leisten können.

Hinweis: BLok - Das Online-Berichtsheft ist Teil der bundesweiten BMBF-Transferkampagne "Digitale Medien im Ausbildungsalltag". Im Rahmen dieser Roadshow wird in interaktiven Workshops über das Tool informiert. Teilnehmende können BLok selbst ausprobieren und sich sowohl untereinander als auch mit den Referentinnen und Referenten vernetzen.

Bildnachweis: Baldauf & Baldauf © BIBB

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